Predigt zu Mk 6,7-13
Die Aussendung der Zwölf und an anderer Stelle die Aussendung der 72 Jünger (Lk 10) wirft die Frage auf, was denn eigentlich mit den vielen Frauen ist, die mit zu seinem Gefolge gehörten. Wenigstens wird immer wieder davon berichtet, dass auch viele Frauen Jesus folgten. Kann es sein, dass die Jünger auch ihre Frauen dabei hatten. Wie liest sich die Erzählung von der Aussendung der Jünger, wenn wir diesen Aspekt einmal berücksichtigen und die Informationen über die Frauen, die Jesus folgten einmal ernst nehmen?
Ihr seid gesandt
„Er sandte sie zu zweit aus.“ diese Sendung erinnert mich an das „Ite missa est“ gehet hin, ihr seid gesandt“ mit dem vor der Liturgiereform die Messe beendet wurde.
Die Sendung wie sie uns Markus überliefert ist an die Zwölf gerichtet, das heißt nach unserem Verständnis an die zwölf Apostel. Bei Lukas finden wir in Kap.10,1 eine Aussendung von 72 Jüngern. Da geht die Sendung deutlich über die Zwölf hinaus. So können wir heute davon ausgehen, dass wir die Sendung der Zwölf auch als Sendung an uns verstehen dürfen, so wie auch Lukas den Kreis der Gesandten erweitert.
Und wozu sind wir gesandt? Dämonen austreiben, Kranke mit Öl salben und heilen. Dazu kommt als erste Aufgabe der Ruf zur Umkehr und die Verkündigung der frohen Botschaft.
Der Ruf zur Umkehr und die Heilung der Kranken
Der Kampf gegen unreine Geister, die Dämonen, meinte zur Zeit Jesu die Heilung von psychischen Erkrankungen. Hier war neben dem eindeutigen Eingreifen Gottes – bei Besessenheit – auch die Heilung seelischer Erkrankungen gemeint. Hier konnte die Zusage der Zuwendung Gottes, die in der Zuwendung von konkreten Personen erlebbar wird, die Menschen von ihrer „Besessenheit“ ihrer Angst, und alles was sie belastete, befreien. So finden wir sicherlich viele Ausdrucksformen in der Schrift, die mit Besessenheit bezeichnet werden, die wir heute nicht mehr so bezeichnen würden aber trotzdem die Menschen krank sein ließ.
Wir kennen auch heute die Rede davon, dass einer von einer Idee – nicht immer einer verrückten - besessen ist, nicht davon lassen kann. Das kann sich aber auch so ausweiten, dass das Zusammenleben mit ihm stark erschwert und zur Belastung wird. Die Heilung, die Jesus hier anbietet ist die Zuwendung seiner Gesandten, so wie er auch in vielen Situationen durch seine Zuwendung die Menschen heil gemacht hat. Zuwendung kann bei Angst, Sorgen und Bedrückung Erleichterung bringen, heilen.
Wer salbt wen
Das Salben mit Öl war eine gängige Form des Heilens bei unterschiedlichen Erkrankungen. Wenn wir an die unterschiedlichen ätherischen Öle denken, mit denen auch heute wieder Krankheiten gelindert oder sogar geheilt werden können, dann merken wir, dass auch diese Form der Krankenheilung für uns nicht ungewohnt ist.
An diesem Heilungshandeln stellt sich aber ein Problem. Wir hörten, dass Jesus „die Zwölf“ aussendet: Zwölf Männer! Waren die Frauen von der Verkündigung der frohen Botschaft und von der Heilung durch die Salbung mit Öl ausgeschlossen? Eigentlich schwer vorstellbar. Es ist und war zur Zeit Jesu und das eigentlich bis heute unvorstellbar, dass Männer Frauen anfassten oder sogar mit Öl ihre Körper salbten. Das galt auch umgekehrt. Denken wir nur an die „Sünderin“ die Jesu die Füße salbt. Wenn das so ist und das Salben mit Öl zum Auftrag der Zwölf gehörte, waren dann bei den Zwölf auch Frauen dabei? Bedeutet der Hinweis, dass Jesus sie zu zweit aussendet, dass die Jünger zusammen mit ihren Frauen ausgesandt wurden?
Die Jünger werden mit ihren Frauen ausgesandt
Der Neutestamentler Martin Ebner aus Bonn geht genau davon aus. Er bezieht sich auf mehrere Textstellen – auch in anderen Zusammenhängen – die darauf hinweisen, dass Jesus bei seinen Reden immer auch die Frauenperspektive im Blick hatte. So weist bei der Bitte um etwas zu Essen das Brot – er wird ihm keinen Stein geben – auf den Bereich der Frau, das Brotbacken, und die Bitte um den Fisch – er wird ihm keine Schlange geben – auf den Fischfang des Mannes hin (Mt 7,9.10).
Und bei der Aussendung der Zwölf – immer zu zweit – ist die Sendung der Frauen eine zwingende Notwenigkeit. Denn nur den Frauen war es möglich, die Salbung zur Heilung von Krankheiten auch an Frauen zu vollziehen. In 1Kor 9,5 erwähnt Paulus, dass die Apostel, inklusiv Petrus, bei ihrer Verkündigung ihre Frauen dabei hatten. Das heißt, dass die Frauen der Zwölf ihren Männern gleichgestellt waren. (So wie wir in der alttestamentlichen Tradition von Erzvätern und Erzmüttern sprechen.)
Wenn das wirklich so ist, und es gibt gute Gründe dafür, dann hat das erhebliche Konsequenzen für uns in der Kirche heute.
Gleichberechtigung von Frauen und Männern
Die Zwölf, die von Jesus ausgesandt sind, sollen in seinem Namen die frohe Botschaft verkünden und die Menschen heilen. Das tun sie – wie wir heute in der Kirche gerne sagen – „in persona christi“. Offensichtlich ist es für Jesu in dieser Situation nicht entscheidend, ob das Männer oder Frauen sind. Das bedeutet dann aber, dass wir Frauen von den Aufgaben der Verkündigung und auch der Eucharistie nicht ausschließen dürfen. Zumindest tut Jesus das nicht. Wahrscheinlich kann man sogar so weit gehen, dass auch beim Abendmahl die „Zwölf“ mit ihren Frauen teilnahmen. Dann schließt der Auftrag: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ die Frauen mit ein.
Sie riefen die Menschen zur Umkehr auf
Ja wenn ich den Abschnitt aus dem Evangelium des Markus so verstehe, dass bei des Aussendung der Zwölf – waren es am Ende zwölf Paare? – auch Frauen beteiligt waren, dann bedeutet das auch für uns in der Gemeinde ein Umdenken. Bevor wir in der katholischen Kirche Frauen am Altar erleben werden, muss nicht nur in den Köpfen der „Amtskirche“, sondern auch in unseren Köpfen ein Umdenken passieren. Das griechische Wort „metanoete“ das in der deutschen Bibel immer mit „Umkehr“ übersetzt wird, heißt wörtlich übersetzt: Umdenken. Ich glaube, dass Jesus das mit seiner Botschaft den Frauen und Männer in Galiläa und Judäa in seinem Reden und Handeln zugerufen und zugemutet hat: Denkt um! Und heute ruft er es uns zu.
Erstveröffentlichung: GOTTES VOLK, 6/2015, Katholisches Bibelwerk