Über die Ehescheidung und die Rechgtsstellung der Frau
Der Abschnitt über die Ehescheidung und die Kinder beinhaltet drei zentrale Aspekte, die in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung häufig übersehen werden.
1. Das Zitat aus Gen 2
Jesus zitiert aus Gen 2: der Mann wird Vater und Mutter verlassen und die zwei werden ein Fleisch.
Zur Zeit Jesu und bis in die 60ger Jahre des letzten Jahrhunderts war genau das Gegenteil der Fall. Die Frau musste ihre Familie verlassen, kam in das Haus des Mannes und wurde dort in der Regel der Schwiegermutter und möglicherweise auch noch den dort lebenden Schwestern des Mannes in der Rangfolge allen anderen dort noch lebenden Frauen unterstellt. Davon, Dass die Frau dem Mann gleichberechtigt gegenüber - bzw. neben ihm stand, konnte keine Rede sein.
Das heißt, dass Jesus mit seiner Antwort den gesellschaftlichen Rahmen in dem sich die Frauen bewegen durften in Frage stellte.
2. Die Sache mit der Scheidung
Hier wird noch grundsätzlicher das gesellschaftliche Modell in Frage gestellt. Für die jüdischen Ohren war es schon eine Zumutung, dass Jesus den Männern verbot, ihre Frauen zu entlassen. (Der Scheidebrief selbst war ein Schutzbrief für die Frauen. Er bewahrte sie davor, einfach weggeschickt zu werden und öffnete ihnen die Möglichkeit, ein zweites Mal zu heiraten.)
Völlig neu und im wahrsten Sinne des Wortes unerhört ist der zweite Satz Jesu. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt.“ Es war völlig undenkbar - bis in die 6oger Jahre des letzten Jahrhunderts - , dass die Frau ihren Mann aus der Ehe entlässt. Sie galt nicht als eigenständige rechtsfähige Person. Die Frau war der Besitz des Mannes, so wie sein Haus, seine Tiere und seine Dienerschaft.(vgl. Ex 20 Dekalog). Diesen Frauen das Recht zuzusprechen, die Männer aus der Ehe zu entlassen, stellt das gesamte Rechtssystem in Frage. Mit dem Verbot der Scheidung für Mann und Frau, stellt Jesu sie rechtliche auf die gleiche Stufe. Undenkbar.
3. Die Kinder in die Mitte.
„Menschen wie ihnen gehört dass Reich Gottes.“ Dies ist ein weiterer Stachel in das Fleisch der gesellschaftlichen Elite. Kinder galten im jüdischen Volk nicht viel bzw. nichts. Diese als Vorbilder für das Reich Gottes zu benennen widerspricht allen gängigen Vorstellungen von einem gottgefälligen Leben. Die Achtung der Rechte der Kinder ist demnach nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein hoch theologisches Anliegen.