1. Lesung 1Sam16,1b.6-7.10-13b Wider alle Erwartung
Die hier geschilderte Geschichte von der Salbung Davids zum König über Israel ist typisch für das Handeln Gottes und für die Sichtweise der Menschen.
Samuel weiß, dass er in Betlehem den neuen König von Israel salben soll und dass es einer der Söhne des Isai sein soll. Er begegnet dem ältesten und denkt, der ist es. Alle anderen werden ihm vorgestellt, ohne dass der richtige dabei ist. Es ist typisch für diese Situation, dass David der jüngste nicht anwesend ist. Isai soll alle seine Söhne vorstellen, aber David ist nicht im Blick.
Hier kann ein guter Anknüpfungspunkt für die Homilie sein. Das vermeintlich offensichtliche geht am Wichtigen vorbei. Gott erwählt sich das, was nicht im Blickfeld der Menschen ist.
Später wird das Gleiche mit Betlehem passieren. Das Heilshandeln Gottes geschieht außerhalb des Erwartbaren.
Es lohnt sich, diesen Text mit den ausgelassenen Versen 8 und 9 zu lesen, weil so die Spannung noch mehr steigt.
Die Verbindung zum Evangelium ist die ausweglose Situation des blind Geborenen. Alle wollen nicht wahrhaben, dass er von Jesus geheilt wird.
Für die Homilie ist die Geschichte von der Salbung Davids eine gute Möglichkeit einmal auf die kleinen unspektakulären Dinge des Lebens und der Gemeinde zu schauen. Frei nach der Devise: „Was bringt das schon.“ Der Text sagt dazu: Es bringt eine ganze Menge. Traut nicht dem ersten Eindruck.
2. Lesung Eph 5,8-14 Von der Finsternis ins Licht
Der Abschnitt aus dem Brief an die Gemeinde in Ephesus nimmt gegenüber dem, was an den vergangenen beiden Sonntagen den Paulus beschäftigt hat die andere Seite des Menschseins in den Blick. Ging es in den Texten aus dem Brief an die Gemeinde in Rom und an Timotheus um die Gnade Gottes die uns geschenkt ist und die Rechtfertigung allein aus Glauben, geht es jetzt um das Leben, das wir vor unserer Erlösung gelebt haben. Paulus nennt es ein Leben in der Finsternis.
Für die Homilie ist dies nicht ganz leicht zu fassen. Für Paulus leben alle Menschen, die nicht an Christus glauben in der Finsternis. Er sagt sogar wir waren selbst Finsternis.
Ob Paulus das auch von sich sagen würde in Bezug auf sein früheres Leben? Immerhin ist er als frommer Jude und römischer Bürger groß geworden und hat als solcher gelebt und sich für seinen Glauben eingesetzt – auch wenn das hieß, die neue jüdische Sekte der Nazarener zu verfolgen.
Wir können sicherlich nicht sagen, dass alle die Christus nicht nachfolgen Menschen der Finsternis sind, wie es der Text auf den ersten Blick nahe legt. Gutes tun und Nächstenliebe leben ist nicht auf Christen beschränkt.
Ich denke um den Text zu verstehen, ist es notwendig, die Adressaten in den Blick zu nehmen. Ephesus war eine große reiche Hafenstadt in der das Leben pulsierte. Da ging es um Gewinn, um Macht und um Geld. Und das alles sicher auch mit Übervorteilung des anderen und Ausbeutung in seinen vielfältigen Formen. Darin zeigt sich das, was Paulus Finsternis nennt. Das Licht bringt Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor.(V9) Durch diese Aufzählung wird deutlich, was den Gegenpol ausmacht. Paulus ruft die Gemeinde auf, sich gegen diese negativen Elemente zu richten und das zügig, mit Kraft und wachsam. „Wach auf du Schläfer!“(V14) heißt ja nichts anderes als vor diesen dunklen Machenschaften nicht die Augen zu verschließen.
Wenn ich also den Blick von der eigenen Person, dem Individuum weg auf die gesellschaftlichen Gegebenheiten richte, dann gewinnt der Text eine politische Wirkung. Es geht nicht um mein eigenes persönliches Seelenheil – das ist ja schon zugesichert ( vgl. die ´Texte der vorhergehenden Sonntage) - . Es geht um Verantwortung für das Ganze, über meine eigene Befindlichkeit hinaus.
So gesehen bietet sich für die Homilie ein weites Feld. Aber Vorsicht: es geht um Handlungsoptionen und nicht um Moral.
Ev. Joh 9,1-41 Weil nicht sein kann, was nichts rein darf
Die Erzählung von Heilung des jungen Mannes, der blind geboren wurde, ist ein Lehrstück gekonnter Dramaturgie. Deswegen ist auch davon abzuraten, die Kurzfassung zu lesen. In diesem Falle bleiben viele Aspekte des so reichen Beziehungsgeschehens verborgen.
Es beginnt mit der Frage der Jünger die vom Grundverständnis geprägt ist, dass Unglück und Krankheit eine Strafe Gottes sind, bzw. Krankheit ein Zeichen von Sündhaftigkeit. Diese Aspekte nehmen auch die jüdischen Honoratioren und Pharisäer auf – ist fälschlicher Weise von „die Juden“(V18) die Rede –, die in V34 sagen: „Du bist ganz in Sünde geboren und willst uns belehren?“
Es ist beeindrucken wie wenig sich der junge Mann weder von den Nachbarn noch von den Pharisäern beeindrucken lässt. Er muss sogar aushalten, dass seine Eltern sich aus Angst zurückziehen.
Es ist ein ständiges Gezerre um ihn: erst die Nachbarn, dann die Pharisäer die ihn wiederholt befragen und dann natürlich noch seine Eltern, die dem Druck nicht mehr standhalten konnten, „Fragt ihn doch selbst.“
Dazu kommen die Überlegungen der Nachbarn: „Ist das überhaupt der Blinde, den wir alle kennen; und war der überhaupt blind.“
Für die Homilie sehe ich folgende Möglichkeiten.
Ich stelle im Raum die Personengruppen dar: die Jünger mit Jesus, die Nachbarn, die Pharisäer, die Eltern. Zwischen diesen lasse ich den Blinden hin und hergehen, so wie sie im Schrifttext genannt sind.
Die Pharisäer setzen alles in Bewegung um nachzuweisen, dass das Wunder nicht geschehen ist. Durch die vielen Stationen, die der Blindgeborene durchlaufen muss, wird der Irr-glaube derer sichtbar, die nicht wahrhaben wollen, was da geschehen ist – weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Ein anderes Setting sähe so aus, dass der Geheilte an einem Ort sitzt und die anderen immer wieder auf ihn zugehen. So kann die Bedrängnis des „Gläubigen“ sichtbar werden und zugleich seine Standhaftigkeit und sein Selbstbewusstsein.
Eine andere Möglichkeit ist, die Zuhörer einzuladen, sich hinzusetzen und sich durch das Hören in das Geschehen hineinziehen zu lassen. Dabei ist wichtig, dass die Geschichte sehr gut vorgetragen wird. Danach braucht es auch keine großen Erklärungen mehr.
Es gibt wenige Wundererzählungen, die so eindrücklich das Handeln Jesu deutlich machen und zugleich die große Anfrage aufzeigen, die dieses Handeln auslöst. Ja Jesus ist – nicht nur für seine Zeit – eine große Anfrage an das die, die das Sagen haben und an die Tradition.