Was denn jetzt? Hände waschen oder nicht waschen?
Es fällt auf, dass in der Perikope einige Verse ausgelassen sind. In diesem Fall stört es nicht, weil die ausgelassenen Verse den Zusammenhang zerreißen und ganz offensichtlich Einfügungen des Evangelisten sind, um deutlich zu machen, was es bedeutet, wenn die Überlieferungen im Gegensatz zu Gottes Gebot stehen.
Der Text der Perikope hat zwei Schwerpunkte, die in der Homilie eine Rolle spielen können. Einmal geht es um das, was den Menschen „unrein“ macht und in einer zweiten Perspektive wird die Frage behandelt, wie ist das Verhältnis von Überlieferung und Gottes Gebot, man kann auch sagen Schrift und Tradition zu bewerten.
Unrein:
Beim ersten Hören kann man erstaunt sein, dass Jesus das Waschen der Hände vor dem Essen zurückweist. Schon seit Kindesbeinen kennen die meisten den Satz: Das Essen ist fertig. Bitte Hände waschen und zu Tisch kommen.
Bei genauerem Hinsehen merken wir aber, das es nicht um die Reinigung von schmutzigen Händen geht, sondern um ein Ritual. Es ist von einer „handvoll Wasser“ Wasser die Rede. Auch die Fortsetzung: „Auch noch viele andere Vorschriften halten sie ein...“ macht deutlich, es geht nicht um ein „reales“ Verhalten sondern um ein rituelles Tun.
An dieser Stelle kann die Homilie zu dem zweiten Schwerpunkt übergehen, nämlich dem Verhältnis von Schrift und Tradition. Oder sie folgt dem Thema „Reinheit“ und fragt nach dem, was unser Leben „unrein“ macht. Mit unrein ist in der Schrift die kultische Reinheit, die Kultfähigkeit gemeint. Diese ist abhängig vom zwischenmenschlichen Verhalten. ( wenn Du zum Altar gehst um deine Opfergabe zu bringen, und es fällt dir ein, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann geh zuerst und versöhne dich mit deinem Bruder. Danach komm und bringe deine Gaben zum Altar.)
Letztendlich geht es darum, was unser Zusammenleben vergiftet, das Miteinander „verschmutzt“.
Schrift und Tradition
Diese Fragestellung birgt viel Zündstoff. Auch in der Kirche bestimmt unser Leben oft mehr die Überlieferung und nicht das Gebot Gottes. So ist das Sonntagsgebot eine klassische Überlieferung und trotzdem kommt es vor, dass es gegenüber der Nächstenliebe hintenan gestellt wird. Wenn das Tötungsverbot genauso erst genommen würde, wie das Scheidungsverbot, dann wären der Menschheit viele Kriege erspart geblieben. Das zeigt, es kommt immer wieder vor, dass Gebote Gottes für den „realen Gebrauch“ umgedeutet oder verändert wird. Die Überlieferung, Tradition gerät so in eine Spannung zum göttlichen Gebot.
Die Nichtzulassung von Frauen zum Priesteramt ist eine der stärksten Überlieferungen, die dem Gebot Gottes von der Gleichheit und Ebenbürtigkeit von Frau und Mann widersprechen (Gen 1 ) und dem Umgang Jesu mit den Frauen und auch der Rolle der Frau in der frühen Gemeinde (Paulus) widersprechen.