1. Les. Jes 66,18-21,; 2. Les. Hebr 12,5-7,11-13; Ev. Lk 13,22-30
Wo ereignet sich das Heil Gottes?
Die Texte des heutigen Sonntags haben es in sich.
Im Abschnitt aus dem Buch des Propheten Jesaja ist davon die Rede, dass Gott die Völker aller Sprachen zusammenruft und er wird aus ihnen „Männer als Priester und Leviten auswählen,…“.
Das bedeutet, dass die Überlebenden Israels ausgesandt werden, um die Völker nach Zion zu holen.
Auf den ersten Blick sieht es so aus als verlöre Israel seine Exklusivität in seiner Beziehung zu Jahwe. Es ist aber ein Endzeittext und beschreibt, wie am Ende der Zeit alle Völker sich Jahwe zuwenden.
Im Blick auf das Evangelium legt sich für die Perikopenschneider wohl die Deutung nahe, dass die Exklusivität Israels in seiner Gottesbeziehung in Frage gestellt wird. Diese Sichtweise legt sich mit Blick auf das Evangelium nahe.
Wieder haben wir es mit der Tatsache zu tun, dass der ersttestamentliche Text für die Botschaft des Evangeliums instrumentalisiert wird.
Hebr.12,5-7.11-13
Wenn dieser Text am Sonntag vorgelesen wird, dann ist es unabdingbar, dass der Prediger oder ein anderer dazu Beauftragter dazu etwas sagt. Über Jahrhunderte bis in das Ende des letzten Jahrhunderts hat dieser Text dazu gedient, die Gewalt in der Erziehung und auch in der Kirche zu akzeptieren und zu rechtfertigen.
Es liegt auf der Hand, dass der Text inspiriert ist von der ersttestamentlichen Weisheitsliteratur (Spr 03,11f). Es war bis vor nicht langer Zeit allgemein anerkanntes Erziehungsmittel, die Kinder zu schlagen und zu misshandeln. Dabei ging es in erster Linie darum, Kinder bei Fehlverhalten zu bestrafen und dadurch Grenzen zu setzen und durchzusetzen.
Das ist er Schlüssel zu diesem Text. Es geht darum, in der Erziehung Grenzen zu setzen. Nur durch das Erfahren von Grenzen lernt der junge Mensch – und nicht nur der – wie gelingendes Leben funktionieren kann. Der junge Mensch braucht die Erfahrung von Grenzen um sich auszuprobieren und auch an die eigenen Grenzen kommen zu können – und sie zu überschreiten.
Jeder der sich in der Erziehung auskennt, weiß um die Versuchung, dem Kind alles zu erlauben, was er will. Das Kind aber macht dies auch, um den anderen als Gegenüber, als Gegenpart zu spüren und damit auch sich selbst in seinen echten und unechten Bedürfnissen wahrzunehmen und zu lernen, beide voneinander zu unterscheiden.
Respekt, Klarheit und Empathie, das sind die Stützfeiler einer gelingenden Erziehung. So gesehen muss der Vers 7b heißen: Denn wo ist ein Sohn, dem sein Vater nicht Grenzen setzt – damit er daran wächst und als Gewachsener die Grenze zu integrieren, um auf seine nächste Grenze zu treffen.
Ev. Lk 13,22-30
Das Evangelium ruft dazu auf, dafür zu kämpfen, dass man durch die enge Türe in Himmelreich gelangt. Dieses Bild ist zunächst irritierend, weil sich die Vorstellung leicht einstellt, dass alle sich vor der Türe drängeln und jeder den anderen versucht wegzustoßen.
Die Predigt ist leicht versucht, das Wort vom Kampf aufzunehmen und die Hörenden aufzufordern, sich feste zu bemühen – zu kämpfen – damit es mit dem Einzug ins Himmelreich klappt.
Wenn es nun nicht um den Kampf Mann gegen Mann und Frau gegen Frau vor der engen Pforte geht, dann bleibt doch die Frage, worum, um welchen Kampf geht es dann? Davon spricht der Text nicht.
Es fällt bei dem Dialog zwischen dem Hausherrn und den Ausgesperrten auf, dass er sagt, er kenne sie nicht, obwohl sie doch zusammen gegessen und getrunken hatten und sie ihm zugehört haben. Die Nähe zu Jesus ist keine Garantie für den Einlass. Vielmehr werden sie aus allen Himmelsrichtungen geholt, die ins Himmelreich kommen. Hatten sie etwa mit der Befriedung der Welt so viel zu tun, dass sie keine Möglichkeit sahen, sich mit Jesus intensiv zu treffen? Es sind die, die im Jesajatext beschrieben werden.
Im hier beschriebenen Szenarium ereignet sich das Heil außerhalb des kirchlich religiös beschriebenen Horizonts. Eine Ermutigung zu schauen und wahrzunehmen, wo sich „am Rande“ das Heil ereignet. Eine Anfrage an unsere pastorale und religiöse Praxis?!